Von wem | Inhalt in Kürze | Die Situation der Betroffenen | Warum Videos | Didaktik
Medium für Schule + Jugendarbeit | Kinder von Migranten | Version für Handys | Erprobung | Presse

 

1. Von wem

www.save-selma.de wurde von der Filmemacherin Cristina Perincioli entwickelt und basiert auf der von ihr 1996 inszenierten und auf CD-ROM produzierten Version. Stephanie Loos programmierte die Site in drei Versionen: als interkatives Video, als Fotogeschichte und als Version für mobile Geräte.
Die Stiftung deutsche Jugendmarke unterstützte das Projekt in 2007-08.

 

2. Inhalt in Kürze:

www.save-selma.de zeigt die verzweifelte Situation eines sexuell missbrauchten Mädchens – Selma (sie steht stellvertretend für Jungen und Mädchen). Wer diese Website besucht, begleitet Selma auf dem Gang durch die Institutionen bei der Suche nach Hilfe und entscheidet, wohin sie gehen soll. In Videoszenen sieht man, wie in Beratungsstellen und im Jugendamt mit Selma gesprochen wird, was Selma bei der Polizei und auf der Strasse erlebt.
So zeigt die Website Jugendlichen ihre Rechte und Möglichkeiten, bereitet sie auf Frustrationen vor und nimmt ihnen die Angst vor unbekannten Ämtern und Behörden. NutzerInnen lernen stellvertretend, mit Selmas Anfällen von Mutlosigkeit und Schuldgefühlen umzugehen. So wie Selma auch: sie probiert verschiedene Aufarbeitungsstrategien und wächst schließlich selbst in die Rolle der Helfenden hinein.

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3. Die Situation der Betroffenen

Mädchen und Jungen, die sexuell belästigt werden, finden sich oft in einer wehrlosen Situation – sei es, dass der Täter sie einschüchtert, sei es, dass sie in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Täter leben. Mit auffälligem Verhalten wie Bettnässen, Rückzug, Schulversagen, sexuelle Übergriffe, Gewalt gegen sich und andere, versuchen manche, die Aufmerksamkeit von Erwachsenen zu gewinnen. Andere fragen Erwachsene auch direkt um Rat, doch in der Regel vergeblich: Im Durchschnitt müssen sie sieben Erwachsene fragen, bis sie jemanden finden, der ihnen weiterhilft. Wie verlassen und hilflos müssen sich diese Kinder und Jugendlichen fühlen? 73% der Mädchen und 38% der Jungen, die von zu Hause abhauen, sind Opfer sexuellen Missbrauchs.

Tatsächlich können Jugendliche selbst zum Jugendamt gehen und Hilfe verlangen: Dort kann man ihnen beispielsweise eine Wohnmöglichkeit außerhalb der Familie anbieten, so dass sie nicht „abhauen“ müssen. Aber wer weiß das schon? Es gibt auch spezialisierte Beratungsstellen, aber wie finden Jugendliche sie? Save-Selma hält Adressen von Beratungsstellen vor: 51 für Jungen und 187 Stellen für Mädchen - nach Postleitzahlen geordnet mit Telefon und Öffnungszeiten, Post-, E-Mail- und Internetadressen.

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4. Warum Videos

Praktiker wissen, dass allein das Wissen um eine Adresse nicht reicht, damit Mädchen oder Jungen dorthin gehen und Fremden ihr Problem offenbaren. Um Kindern und Jugendlichen zuvor diese Angst vor der Amtsperson, dem Polizisten, der Beratungsstelle zu nehmen, erfahren sie in diesem Adventure, was sie dort erwartet. Videos kommen auch all jenen Jugendlichen entgegen, denen Lesen Mühe macht.

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5. Didaktik

Die Website spricht die NutzerInnen nicht als Opfer an! Umgekehrt: die NutzerInnen fungieren als BeraterInnen. Sie sind aufgerufen, Hilfe zu finden für Selma, die zu Beginn des Spiels auf einem Kinderspielplatz herumhängt und sich die Arme aufschneidet.
Die NutzerInnen begleiten Selma zur Polizei, ins Jugendamt, unterwegs auf der Strasse etc. wo ihnen echte Beamte begegnen und sie erfahren, mit welchen Ratschlägen, Zeiträumen und Frustrationen eine Hilfesuchende rechnen muss.
Die NutzerInnen können mit Selma auch „auf Trebe“ gehen, lernen das Leben auf der Strasse kennen: die Freier, Dealer und Stricher. Mit Selma landen sie in einer Notunterkunft, dann in einer Mädchenzuflucht, bis sich Selma schließlich den Platz in einer Jugend-WG erkämpft.
Selma kann als Abenteuergeschichte angeschaut werden, - ein gleichzeitig sichtbares Inhaltsverzeichnis erlaubt es aber auch, einzelne Themen und Orte direkt aufzurufen.

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6. Medium für Schule + Jugendarbeit

Eine solche Website ermöglicht PädagogInnen, endlich auch diese heikle Seite von „Sexualität“ in der offenen Jugendarbeit zu besprechen, ohne dass Betroffene (jedes fünfte Mädchen und jeder 12. Junge) sich unter Druck fühlen müssen. Das Thema wird dabei zuerst von den Lösungen und Befreiungsmöglichkeiten her bearbeitet – nicht von den Leiden und psychischen Folgen. Dank der Website benötigen PädagogInnen keine zusätzliche Qualifikation, um das Thema in ihren Gruppen anbieten zu können. Hilfesuchende üben mit den Videoszenen ihre ersten Schritte einer Befreiung und können sich dann - rundum informiert - selbständig an die für sie passende Institution wenden.

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7. Kinder von Migranten

In Familien nichtdeutscher Herkunft ist sexueller Missbrauch oft ein noch größeres Tabu. Kinder, die sich daraus befreien wollen, haben weit höhere Hürden zu überwinden. Sozialarbeiterinnen, die mit Migrantenkindern arbeiten, bestätigen, dass diese Informationen ihre Jugendlichen am besten übers Handy erreichen würden. Die Videoszenen, die zeigen, was sie hinter den Türen der Ämter und der Polizei wirklich erwartet, könnten ihre Ängste ausräumen.

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8. Version für Handys

Wir wollten die Website auch für Handys programmieren um so speziell auch junge Migranten und Migrantinnen besser zu erreichen. Doch zur Zeit muss noch für jeden Handytyp und jede Bildschirmgröße individuell programmiert werden, was unsere Kapazitäten übersteigt. Allerdings gelang uns eine Version für Handhelds und Handys mit Internetzugang. Wir hoffen, dass die angekündigten einheitlichen Betriebsysteme (z.B. „Android“) bald auf dem Markt kommen: dann möchten wir save-selma auch dafür programmieren.

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9. Erprobung

Von den ersten programmierten Versionen bis zum Projektende wurden Testeinsätze in freien Jugendgruppen organisiert. Dabei kommentierten Pädagogen und Jugendliche Inhalte und Benutzerführung.
Als Kooperations-Partner waren einbezogen:
• Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt, Rostock
• Dt.-Türk. Kinder-, Mädchen- und Jungentreff, Berlin Kreuzberg
• Tauwetter Berlin (Jungen und junge Männer)
• Mädchentreff Madonna Berlin-Neukölln
• Café Pink, Berlin-Schöneberg
• Schilleria, Berlin
• Kriminalpolizei: Prävention / sexuelle Gewalt
Unter Leitung von Frau Prof. Dr. Cäcilia Rentmeister organisierten Studierende des FB Sozialwesen der FH Erfurt im Seminar „Medien für heikle Themen“ Tests mit über 300 Jugendlichen in Thüringer Jugendfreizeitheimen und Schulen und werteten diese aus.

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10. Presse

Rezensionen zur CD-ROM-Vorläuferversion
»Schwieriges Thema brillant umgesetzt«
C’t 1997 Heft 11

»Fazit: Heikles Thema. Glänzend aufbereitet.
Natürlich wäre es ganz leicht, aus »political correctness« die Scheibe zu loben. Das ist aber nicht nötig. Die große Leistung der CD-ROM besteht in ihrer Realitätsnähe. Es gibt eben nicht immer auf jede Frage eine Antwort, und wenn doch, ist sie eben manchmal zum Kotzen (siehe Polizei). Vieles in der Thematik bleibt nun mal hoffnungslos und schwierig. Im Mädchenhaus zu leben heißt zwar, dem Täter entkommen zu sein, aber wie wird das Verhältnis zur Mutter? Perincioli weiß das und bleibt deshalb ganz nah auf der Ebene der Mädchen. Um sich mit dem Thema »Sexueller Missbrauch« zu beschäftigen, ist »Selma« hervorragend geeignet. In einer gesonderten Datei befindet sich übrigens ein Adressenverzeichnis. Eine wichtige CD–ROM, die in jede Bibliothek gehört.«
Kinder-Software-Ratgeber 1999 + 2000

»Die CD-ROM »Selma« überzeugt insbesondere durch ihr inhaltlich sinnvolles Konzept – die Einbindung eines heiklen Themas in ein Adventure. Die Spielerin fungiert als Freundin und entscheidet über eingeblendete Alternativen, an wen Selma sich als nächstes wenden soll. Realistische Videoszenen, zum Beispiel Szene aus dem Jugendamt, im Selbstverteidigungskurs, bei der Polizei und auf Trebe konfrontieren betroffene Kinder mit dem schwierigen Weg, der vor ihnen liegt, und zeigen Lösungsmöglichkeiten auf. Die von Cristina Perincioli produzierte CD-ROM erweist sich als ein ausgezeichnetes Medium, um diese junge Zielgruppe zu erreichen und gibt den betroffenen Mädchen die Gelegenheit, sich erst einmal ganz privat mit ihrem Problem auseinander zusetzen.«
Screen Multimedia 06/1997

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